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In der analytischen Psychotherapie nach C.G.Jung kommt dem Umgang mit dem Symbol eine zentrale Rolle zu. Das symbolische Spiel ersetzt nicht selten die konkrete Verbalisierung, eine Möglichkeit des therapeutischen Umgangs, die Vertrauen erleichtert. Auch in den Deutungsangeboten bleiben wir häufig auf der Symbolebene. Dies verringert die Gefahr einer Beschämung, die gerade von älteren Kindern häufig empfunden wird, wenn ihre Abwehrstrategien verbal gedeutet und sie sich damit entlarvt und unter Umständen entwertet fühlen. Kinder haben noch einen unmittelbaren Zugang zur Welt der Symbole und ihrer Bedeutung und können darum mit Hilfe unserer verstehenden Begleitung die Selbstheilungskräfte ihres eigenen Unbewussten aktivieren. Ein 6-jähriger sagte mir einmal "Gelt, wir können zwei Sprachen..." Ein Symbol, das alle Altersstufen anspricht,
hängt in meiner Praxis an einem gut sichtbaren Ort. Es ist eine aus
Eichenholz gesägte 90 cm große Figur mit beweglichen Gliedern
und einem aus einer Wurzel geformten Penis. Ein Achtjähriger nannte
ihn vor Jahren den "Pimmelkönig". Er hat im symbolischen
Spiel die Rolle des auf seine Autorität pochenden, gleichzeitig aber
auch fernen und unerreichbaren Vaters. In ihm manifestiert sich im kindlichen
Erleben gleichzeitig der Archetyp des Väterlich-Männlichen,
vor allem in seinen negativen Ausformungen von gnadenloser Überlegenheit,
die keinen Konkurrenten neben sich duldet. Die Kehrseite dieser Machtbesessenheit
ist eine archaische Angst vor der nachfolgenden Generation der Söhne,
denen jede Vaterfigur früher oder später das Feld räumen
muss. Uranos, der Himmelsgott war mit Ge, der Erde, in einem ständigen Zeugungsprozess verbunden, weil er die Geburt seiner Kinder, die ihn entmachten könnten, verhindern wollte, Die gequälte Ge gab schließlich dem schon geborenen Sohn Kronos ein sichelförmiges Messer, womit dieser seinen Vater kastrierte. Kronos seinerseits lebte in der gleichen Angst wie sein Vater. Um der Gefahr zuvor zu kommen, seinerseits von seinen Nachkommen abgesetzt zu werden, verschlang er diese sofort nach der Geburt. Nur Zeus, der jüngste, entging dem Schicksal, weil seine Mutter Rhea ihrem Mann statt seiner einen in Windeln gewickelten Stein zu essen gab. Zeus wurde auf der Insel Kreta von Nymphen aufgezogen. Er heiratete Metis, die für Kronos einen Erbrechenstrunk braute, so dass dieser seine Kinder Demeter, Hera, Poseidon, Hades und Hestia wieder hervorwürgen musste. Aber auch Zeus war von den gleichen Ängsten vor Machtverlust erfüllt. Als er das Orakel erhielt, seine schwangere Frau Metis bekäme nach dieser starken Tochter einen Sohn, der mächtiger als er, den Himmel beherrschen würde, verschlang er seine schwangere Frau. So kam Athene, seine Tochter, als Kopfgeburt auf die Welt. Diese archetypische Thematik, die
einmal den Machtkampf zwischen dem Vater und seinen Kindern widerspiegelt,
zum anderen aber auch die ödipale Verstrickung zwischen Mutter und
Sohn andeutet, führte zu einer heftigen Diskussion, zu der die ganze
Gruppe ihre Einfälle und Beobachtungen beitrug. Aber nicht nur der
väterliche Wunsch, dominant zu sein und zu bleiben, stand im Mittelpunkt,
sondern auch die Frage nach der Rolle der Mutter. Anhand eines Steinmodells
der Medusa aus Dydima wurde die verschlingende und lähmende Überlegenheit
des Weiblich-Mütterlichen zum Thema. Christiane Lutz |
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impressum | eine Idee von Hans Georg Lehle |