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„Meine Pflegeeltern haben mir mein Handy weggenommen,
damit ich mich nicht mehr mit meinem Freund treffen kann“, begrüßt
mich ein 14-jährige Patientin empört, während sie mit einem
funkelnden Lächeln eines umklammert: „Das hier ist von meinem
neuen Freund. Er ist 17. Ich lösch gerade die Fotos von seiner Ex!
- Ich muss noch ganz kurz auf seine Sms antworten und dann gleich mal
den Akku aufladen! Wo gibt’s denn hier ’ne Steckdose?“
Ein 13-jähriger Junge, der sich schon vor der Sitzung über sein MP3-Handy durch laute, abstoßende Rapsongs voll sexualisierter Gewalt angekündigt hatte, schaut mich grimmig an während er sein Handy wie eine Waffe auf mich richtet: „Du Sauhund! Heute mache ich dich so wütend, bis du ausrastest! Oder einen Herzinfarkt kriegst! Und dann filme ich dich!“ Als Folge einer Vergewaltigung im Balkankrieg von seiner Mutter gleich nach der Geburt zur Adoption freigegeben, kam der Junge zu serbischen Eltern nach Deutschland, die ihn glauben ließen, er sei ihr leibliches Kind. Seit er vor kurzem von einem Nachbarn auf der Straße die Wahrheit über seine Herkunft erfahren hatte, ist der Junge völlig „entgleist“. Er konfrontierte mich in jener Szene ebenso jäh mit seiner sprachlosen Wut und Verzweiflung wie er selbst mit seiner Vergangenheit konfrontiert worden war. Ich soll spüren, so der unbewusste Sinn seines Agierens, was er bislang in sich nicht auszuhalten im Stande ist und deshalb ungebrochen an mich weiterleiten muss. Therapeutische Begegnungen lassen solche unbewältigten,
unbewussten Inhalte in einem geschützten Rahmen lebendig werden,
um sie darin teil- und damit auch mitteilbar zu machen und um sie im gemeinsamen
Erleben miteinander vor dem jeweiligen Lebenshintergrund besser verstehen
und bewältigen zu lernen. Warum nicht auch mal übers Handy! Dipl.-Päd. Hans Georg Lehle, M.A. |
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impressum | eine Idee von Hans Georg Lehle |