Die Hängematte

von Marie Cox

Die Hängematte ist in meiner Praxis das meist und vielfältigst genutzte „Spielzeug“. Sie hängt normalerweise an einer Wand und die Kinder können sie, wenn sie Lust dazu haben, quer durchs Zimmer spannen und an der gegenüberliegenden Wand aufhängen. Man würde vermuten, dass sie nur Regression fördert, und das ist natürlich auch so: wie ein Baby im Bauch der Mama oder im Kinderbettchen geschaukelt werden, die Augen zu, mit einer beruhigenden Person im gleichen Raum, hat für viele Kinder einen großen Reiz. Doch daneben lässt sie sich noch zu weit mehr benutzen:
Erst gestern diente sie einem Jungen zur Trauerbewältigung: mit Teddybär im Arm, sanft schaukelnd, tröstete er sich über den Tod seiner Urgroßmutter hinweg. Er wollte nicht reden; etwas sehr ungewohntes bei diesem Kind, dass mir sonst immer die Ohren „vollschwätzt!“
Manchmal ist sie aber auch gut zum Rückzug, wenn die Abwehr (zu) groß ist. Die Kinder rollen sich dann ein wie in einen Cocon und sind ganz für sich, trotzdem aber da und genießen es, von mir angeschubst zu werden.
Es gibt jedoch auch Tage, wo sie zur Mutprobe benutz wird: Wie hoch kann ich schaukeln? Traue ich mich herauszufallen oder etwas während des Schaukelns vom Boden aufzuheben?
Sie wird benutzt zur Progression: Dann wird sie als Himalayagebirge bis fast zur Decke erklettert; oder es werden – im Dunkeln – nur mit Taschenlampe Entdeckungsreisen gemacht, wobei die Hängematte zum Schiff wird. Sie kann auch als Babybett dienen und manchmal gar alsTherapeutenbett, wenn mal eine Stunde ausfällt.
Nee, auf meine Matte möchte ich nicht verzichten!


Marie Cox
Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin
Bammental


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