Tod der Babies

von Claudia Käfer

Ein fünfjähriges Mädchen kommt schon lange Zeit wegen seiner ausgeprägten Geschwisterrivalität zur Therapiestunde. Die Mutter hatte nach künstlichen Befruchtungen, mehreren Fehlgeburten und angstvoller Schwangerschaft Zwillinge entbunden. Das Mädchen spielte immer dasselbe Spiel:
Hingebungsvoll vergräbt und beerdigt sie alle Babies, die sie im Figurenregal finden kann. Sie werden zuerst mit Wasser übergossen, gereinigt und dann begraben, um anfangs auch nicht mehr ausgegraben zu werden. Sie kann sie einfach nicht mehr finden… Nach etlichen Stunden ist die erste Veränderung sichtbar, als die Babies am Ende der Stunde tatsächlich wieder gefunden werden können und zurück dürfen an ihren Platz im Figurenregal. In den begleitenden Elterngesprächen berichtet die Mutter von weniger aggressiven Attacken gegen die Zwillinge zuhause; sie kann die ältere Tochter inzwischen auch in die Babypflege altersentsprechend mit ein beziehen.
Viele Stunden ritualisiert das kleine Mädchen die Waschungen, Beerdigungen und Aufräumaktionen der Babies im Sandspielkasten, bis sie eines Tages ein Gruppenbild der Babies stehen lässt und meint: „Das bleibt jetzt so“. Alle Babies müssen nicht mehr vergraben werden, nur bei einem schaut nur der Kopf aus dem Sand „weil es sonst wegkrabbelt“.
Ab dieser Stunde brauchte das kleine Mädchen keine Babies mehr im Sandkasten, wie sie gleich zu Beginn der Stunde mitteilte.


Dipl.-Soz.Päd.(FH) Dipl.Päd. Claudia Käfer
Analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin
Balingen


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